Ansicht von Stralsund.
Nach einem Stich von Matth. Merian, Mitte des 17. Jahrhunderts.

Pommern verliert seine Selbständigkeit.

In den Friedensverhandlungen zu Osnabrück 1648 stand die pommersche Frage bald im Mittelpunkte der Erörterungen. Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, den man später den „Großen Kurfürsten“ nannte, pochte auf sein Recht der Erbnachfolge, und pommersche Gesandte versuchten mit Eifer, eine Verschacherung oder Teilung ihres Landes zu verhindern. Aber die schwedische Stimme war stärker, und Gewalt ging vor Recht: Pommern wurde aufgeteilt, und zwar erhielt Schweden Vorpommern mit Stettin und einem Landstrich rechts der Oder, Brandenburg dagegen Hinterpommern und das Stift Kammin.

Mit Pommerns Selbständigkeit war es vorbei. Wenn Vorpommern auch staatsrechtlich im Verbande des Reiches verblieb - denn Schweden hatte die Reichsstandschaft erworben -, so war es tatsächlich doch in den Händen einer fremden Macht. Und nur der an äußerem Werte zumeist geringere Teil des Landes war dem deutschen Staate zugefallen, dem Pommern seiner natürlichen Lage nach am ehesten zugeschlagen werden konnte. Dazu kam, daß das Land, besonders in seinem östlichen Teil, durch die langen Kriegsjahre furchtbar gelitten hatte. Der Bauernstand war nahezu zugrunde gerichtet. Auf weiten Strecken lag das Ackerland unbestellt da, zahllose Bauernhöfe waren verödet, ja, ganze Dörfer waren verlassen und zerstört. Armselige und verschüchterte Bewohner, die kaum das Notwendigste zum Leben hatten, bewohnten spärlich das einstmals reiche Land. Auch in den Städten herrschte Not. Krankheiten und Brände hatten gewütet und die Bevölkerung aufgerieben, so daß Handel und Verkehr völlig daniederlagen.


Eroberung Stettins durch den Großen Kurfürsten 1677.
Nach einer Radierung von Romeyn de Hooghe,
im Besitz des Stettiner Stadtmuseums.

Das Schweden sich in Pommern als siegreicher Eroberer fühlte, zeigten die Jahre nach dem Friedensschluß. Die Auseinandersetzungen über die genaue Festlegung der Grenzen wurden absichtlich hingezogen, und erst nach fünf Jahren räumten die Schweden das hinterpommersche Land. Auch dann hörten die Streitigkeiten mit Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg nicht auf. Dieser mußte in der Frage der Seezölle weitere Zugeständnisse an Schweden machen, nahm sich aber mit um so größerem Eifer des neu gewonnenen Landes an und suchte die Kriegsschäden möglichst zu beseitigen. Doch erschallten mitten in der Aufbauarbeit bald wieder die Kriegstrompeten, als der Schwedenkönig Karl X. Gustav 1655 den Krieg mit Polen begann und das „verbündete“ Pommern als Aufmarschgebiet benutzte. Gezwungen nahmen die Brandenburger auf Schwedens Seite an diesem Zuge teil, doch einigte sich der Kurfürst bald mit den Polen und sicherte sich sein hinterpommersches Gebiet. Als dann 1659 ein kaiserliches Heer gegen Schwedisch-Pommern eingesetzt wurde und Stettin belagerte, verhielt sich Brandenburg zurückhaltend. Dagegen kämpften Truppen des Kurfürsten mit Erfolg in Vorpommern, und Friedrich Wilhelm hatte begründete Hoffnung, den ihm bisher vorenthaltenen Teil Pommerns auf eigene Faust zu gewinnen. Im Frieden zu Oliva (1660) aber wurde ihm lediglich der Besitz der schon vorher von Polen abgetretenen Länder Lauenburg und Bütow bestätigt.

Es folgte eine kurze Friedenszeit, die der Große Kurfürst - im Gegensatz zu Schweden, das zur Hebung des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens Vor­pommerns nicht die nötige Tatkraft aufbrachte eifrig zum Aufbau Hinterpom­merns benutzte. Er versuchte, Handel und Verkehr durch Straßenbauten und Besserung der Häfen und Wasserwege zu heben, bemühte sich, besonders schwerwiegene Schäden im Steuer- und Militärwesen zu beseitigen, und fing an, der da­niederliegenden Landwirtschaft durch Linderung des Wirtschaftsbetriebes auf den Domänen und durch Kräftigung des Bauernstandes zu helfen. Seine Bemühungen hatten sich jedoch noch nicht in vollem Maße auswirken können, als die Schweden 1674 auf Veranlassung Ludwigs XIV., in die Mark einfielen. Der Kurfürst eilte vom Rhein herbei, schlug sie entscheidend bei Fehrbellin (1675) und rückte ohne Säumen in Vorpommern ein, wo er im Bunde mit kaiserlichen und dänischen Truppen Wolgast, Anklam, die beiden Oderinseln u. a. eroberte. Dann nahm er nach halbjähriger Belagerung 1677 das zäh verteidigte Stettin, das bei den vorhergegangenen Beschießungen größtenteils in Trümmer gesunken war - eine Waffentat, die damals weit und breit gefeiert wurde. Siegreich zog er durch ganz Vorpommern und Rügen, gewann Stralsund, und meinte nun endlich Herr des ganzen Pommernlandes zu werden. Aber durch die Treulosigkeit seiner Bundesgenossen kam er um die Früchte seines Sieges: im Vertrage von St. Germain (1679) mußte er alle Eroberungen wieder herausgeben und behielt nur den bisher schwedischen Landstrich rechts der Oder mit Ausnahme von Gollnow und Altdamm.

Nur langsam brachten die Bemühungen des Kurfürsten um Hebung seines pommerschen Landes Erfolge. An vielen Orten war der alte Mut gesunken, da man immer wieder erleben musste, daß das, was man in zäher Arbeit aufgebaut hatte, durch neue Kriege vernichtet wurde. In einigen Städten (Stargard, Kolberg) brachten die Refugiés einen gewissen Aufschwung, aber im großen und ganzen kam der in Angriff genommene Neuaufbau des Landes nahezu zum Stillstand. Dazu schwächten zu Anfang des 18. Jahrhunderts Epidemien und Mißernten den ohnehin schon stark gelichteten Volksbestand.